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#467457 Panikattacken Nachtrag (ot.kultur)

verfaßt von Johann, 17.05.2024, 12:04:27
(editiert von Johann, 17.05.2024, 12:14:07)

Hallo MaPa,

vielen Dank für Deinen Mut, hier Dein Leiden ausführlich zu schildern.
Wir sehen, diese Probleme, dieses ganze Thema Angst + Panik durch PTBS, ist weder Einbildung noch eine Lappalie.
Sonst wären weder Medikamente noch studierte Spezalisten zur Hilfe nötig.
Es hat konkrete, somatische Einflüsse (körperliche) auf das Befinden der betroffenen Person, ganz massiv.
Wie Du richtig sagtest, waren die Auswirkungen bei meiner Frau anders verwurzelt und ausgeprägt. Sie hatte, vor allem durch einen traumatisch Vorfall in ihrer Kindheit und später nochmals in ihrer Jugend, Angst und Panik vor anderen Menschen, mussten gar nicht viele sein, zwei drei Leute an einer Supermarktkasse um sie herum reichte für Atemnot und Schweißausbrüche.
Das führte dazu, dass sie vor vielen Jahren überhaupt nicht mehr die Wohnung verliess, nur für absolut notwendige Gänge (Arzt o.ä.) und selbst da bat sie oft um Hausbesuch. Lebensmittel brachte ihr die Familie, alles andere bestellte sie nur noch online. Hauptsache bloß nicht unter andere Menschen.
Ich kannte sie zwar über 15 Jahre aber die erste Zeit nur vom Telefon. Es hat Jahre gedauert, bis sie sich zu einem Treffen mit mir traute und zu dem brachte sie auch ihren damaligen (Riesen)Hund, einen Dobermann, mit. Der war fast größer als sie selbst  :-)
Auch hatte sie beim Autofahren große Angst, vor allem auf der Autobahn oder wenn uns im Auto ein anderes Fahrzeug zu nahe kam.
Da war sie manchmal so schockiert, dass sie sich übergeben musste.
Ich bin und war noch nie ein riskanter Fahrer, Autobahn immer so 90-100km/h, immer ausreichend Sicherheitsabstände aber für sie musste ich nochmals die vorausschauende Fahrweise mit Abstand usw. verdoppeln, sonst drehte sie durch.

Natürlich war sie diesbezüglich in Therapie bei Neurologin und ob ihrer Alpträume und Alltagsprobleme auch beim Psychologen.
Trotzdem hat es sehr lange gedauert, bis wir zusammen ganz langsam und vorsichtig gegen diese Ängste arbeiten konnten. Behutsam mal mit ihr um den Block spazieren an meinem Arm, und irgendwann, da war ich super stolz auf meine Kleine, sie sagte: "Heute möchte ich mal mit in den Edeka, aber nur in den kleinen. Und ich muß den Einkaufswagen nehmen als Schutzbarriere, lass uns das mal probieren."
Auch haben wir es tatsächlich geschafft, als ich noch in Köln wohnte und sie dort zur Physio-Therapie ging, ich sie die ersten Male immer da hin begleitete, sie aber eines Tages sagte: "Heute möchte ich alleine gehen. Bleib am Handy, wenn ich Panik kriege musst Du schnell kommen."
Sie hat es nach und nach geschafft. Alleine hin, alleine zurück.
Am Anfang musste ich sie zwar noch abholen, da war ihr der Menschentrubel in der Kölner City nach der Therapie zu viel und sie wusste nicht mehr vor Angst, wie der Rückweg war aber auch das hat sie nach und nach geschafft.
Ausserdem bin ich ihr öfters heimlich hinterher und wartete vor der Therapiepraxis, für den Fall, dass doch was passiert.
Bezüglich ihres mentalen Zustands gab es also durch Therapie, Reha, alltägliche gemeinsame Übungen/Gänge und auch durch den Hund, so peu a peu immer weitere Verbesserungen.
Im Auto war sie viel ruhiger usw., kam öfters in den Edeka mit, ging sogar ab und an rauf zu den Nachbarn.
Tja, aber dann kam gegen Ende der Corona-Pandemie eine diesbezügliche Infektion und irgendwie brach dadurch leider wieder ihre Gehirnerkrankung akut aus und wir mussten sie schweren Herzens gehen lassen.

Ich bedanke mich nochmals für Deinen Mut, das alles hier vor uns auszubreiten, so etwas ist beachtlich und keine Selbstverständlichkeit.
Für Deinen weiteren Heilungs- bzw. Bewältigungsprozeß wünsche ich weiterhin gute Fortschritte!
Alles scheint etwas einfacher zu gehen, wen man nicht alleine ist und Du scheinst ja gute Partner (Gatte und Kinder) im Leben zur Seite zu haben.

 

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