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#381141 OT: Leseprobe (web.socialnet)

verfaßt von Karsten Meyer zur Homepage von Karsten Meyer, Konstanz am Bodensee, 02.04.2015, 23:29:38

Liebe Helfer,
vielen Dank für eure Gedanken. Sehr hilfreich. Vielleicht habt ihr ja Lust, mein Geschreibsel zu lesen. Es geht um den Maschinentelegraph auf "meiner" Historischen Fähre Konstanz. Da kommt dann natürlich noch mehr ...

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Der Maschinentelegraph

Der Zweck von Maschinentelegraphen
Ein Maschinentelegraph ist ein Gerät, das Anweisungen des Schiffsführers aus dem Steuerhaus in den Maschinenraum überträgt. Der im Maschinenraum stets anwesende Maschinist musste diese Anweisungen sofort ausführen und danach den Befehl „quittieren“, d.h. an seinem Maschinentelegraphen die gleiche Einstellung vornehmen, die ins Steuerhaus zurück übertragen wurde und dem Schiffsführer anzeigte, dass der Befehl nun ausgeführt ist.

Warum konnte der Schiffsführer die Motoren nicht direkt vom Steuerhaus aus steuern? Dafür gibt es mehrere Gründe, nicht ausschließlich technische. Vor Einführung von Dieselmotoren als Schiffsantrieb waren Dampfmaschinen der übliche Antrieb. Ein so komplexes Gerät ließ sich aus der Ferne nicht steuern und überwachen, weshalb man für dessen Betrieb immer Maschinisten benötigte. Bei den ersten Dieselmotoren war das nicht anders, vor allem aber war es auch bei diesen die Zuständigkeit des Maschinisten, die Maschine zu steuern und zu warten. Letzteres hatte ständig, auch im Betrieb, zu geschehen.

Der Betrieb auf unserer Fähre
So funktionierte der Betrieb unserer Fähre damals wie folgt: Der Steuermann (natürlich ständig im Steuerhaus, das ist heute nicht anders) bedient mit dem Steuerrad das Ruder und gibt mit dem Maschinentelegraphen die Geschwindigkeit („Fahrt“) vor, in den Stufen „volle“, „halbe“, „langsame Fahrt voraus“ sowie „volle“, „halbe“, „langsame Fahrt zurück“ – das war für beide Maschinen getrennt möglich. Der Maschinist, ständig im Maschinenraum anwesend, setzt dies durch Betätigung der Gashebel für die beiden Maschinen und der vier Kupplungen für die Propeller mechanisch um und quittiert mit seinem Maschinentelegrafen die Anweisung, damit der Schiffsführer sieht, dass sie ausgeführt wurde.
Damit der Maschinist eine geforderte Änderung der Fahrt überhaupt bemerkt, ist mit dem Maschinentelegraph eine Klingel o.ä. im Maschinenraum verbunden, die immer dann tönt, wenn der Maschinentelegraph vom Steuerhaus aus bedient wird. Man bedenke, dass es im Maschinenraum mit den Dieselmaschinen extrem laut war – viel lauter noch als im Maschinenraum von Dampfschiffen.
Übrigens wird auf großen Schiffen bis heute auch das Ruder nicht vom Schiffsführer bedient, weil das dort die Zuständigkeit des Rudergängers ist.

Diese Arbeitsweise wurde auch auf den nächsten Fährschiffen unserer Linie beibehalten. Erst das vierte, die 1954 in Dienst gestellte „Thurgau“, bekam Voith-Schneider-Antriebe, die direkt vom Steuerhaus aus gesteuert werden konnten. Da die Drehzahl des Motors bei diesem Antrieb unabhängig von der geforderten Geschwindigkeit ist, war der ständige Aufenthalt des Maschinisten unter Deck ab da nicht mehr notwendig, und so konnten die Maschinisten während der Fahrt andere Tätigkeiten (vor allem das Kassieren) durchführen.

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Ich bin sehr aktiv bei facebook, wo ich vor allem Fotos zeige und mich in Gruppen über alles mögliche, insbesondere meine Heimatstadt Konstanz austausche.

 

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